Cantamus Gießen beim Sommerkonzert 2025 im Rahmen von Vilbelmonte - Foto von Ullrich Boehnke
Cantamus Gießen beim Sommerkonzert 2025 in Bad Vilbel im Rahmen von Vilbelmonte - Foto von Ullrich Boehnke

Cantamus Gießen zu Gast auf dem Bad Vilbeler Heilsberg

Am Samstag, den 30. August 2025, gastierte der preisgekrönte gemischte Chor Cantamus Gießen unter der Leitung von Elisabeth Tzschentke im Rahmen der VilBelMonte-Reihe erstmalig in der Evangelischen Heilig-Geist-Kirche auf dem Bad Vilbeler Heilsberg. Für Elisabeth Tzschentke, die an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt/M. Dirigieren und Schulmusik studiert und den 2009 gegründeten Chor seit 2023 leitet, war es als gebürtige Bergen-Enkheimerin eine besondere Freude, unter den zahlreichen Gästen neben ihrer Familie auch viele Freunde und Bekannte aus ihrer Heimat zu begrüßen.

Wobei wir gleich beim Thema sind – denn alle dargebotenen Werke und begleitenden Texte befassten sich mit dem Begriff „Heimat“ und den teils auch zwiespältigen Gefühlen, die mit diesem einhergehen.
Bereits bei „Tarekita“ von Reena Esmail, einer lautmalerischen Umsetzung indischer Musik, mit dem der Chor in die gut gefüllte Kirche einzog, wurde einem bewusst, dass Heimat überall auf der Welt sein kann, wenn vertraute Klänge das Herz berühren und Erinnerungen an Vergangenes wachrufen.
Die 30 Sängerinnen und Sänger brillierten mit ausdrucksstarker Artikulation und Dynamik, die besonders bei „Advance Democracy“ von Benjamin Britten zum Tragen kam – ein Werk, das Britten 1938 vertonte und dessen Text von Randall Swingler die faschistische Bedrohung greifbar machte. Dass dieser Text heute leider aktueller denn je ist und unsere Werte geschützt werden müssen („Time to arise!“), konnte der Chor mit seiner Interpretation eindrucksvoll untermauern.
Im folgenden „Harbour“ von Anna Tabbush, das dem Konzert seinen Titel „Come, walk ashore“ entlieh, hüllte der harmonische, volle Chorklang die Zuhörer in eine wärmende Decke, wie es den vielen Geflüchteten zuteil wurde, die ihrer Heimat beraubt nach gefahrenreicher Flucht freundlich empfangen wurden.
Herausragend und ungewöhnlich auch das Werk „Kasar mie la gaji“ des venezuelischen Komponisten Alberto Grau, übersetzt „Die Erde ist müde“ – ein Hilferuf der afrikanischen Sahel-Region, sich der globalen ökologischen Probleme anzunehmen. Es vereinte eine eindrucksvolle und teils bedrohlich wirkende Choreographie mit südamerikanischen Klängen, Glissandi, Flüstern, Sprechgesang, Bodypercussion sowie rhythmischem Klatschen, Stampfen und Zischen.

Welch ein gewollter Bruch zu Werken wie „Nachtwache II“ von Johannes Brahms oder dem wunderbaren Sommarpsalm des schwedischen Komponisten Waldemar Ahlén, bei dem der Chor den gesamten Zuschauerraum in gemischter Aufstellung umgab und man im Surroundsound baden konnte.
Der letzte Beitrag des Abends, „Unclouded Day“ von J. K. Alwood, ein beschwingt-fröhlicher Gospelsong, beschrieb unsere zukünftige Heimat im Himmel als einen perfekten wolkenlosen Tag, wo „der Baum des Lebens in ewiger Blüte seinen Duft verströmt“ und wo „nie wieder Tränen fließen“.

Das begeisterte Publikum erklatschte sich mit Standing Ovations noch zwei weitere Zugaben und musste mit „Guten Abend, gut Nacht“ schweren Herzens akzeptieren, dass das Konzert beendet war. „Es war eine Freude, dieser tollen Dirigentin zuzuschauen! Sie hat alles auswendig dirigiert!“ und „So einen bewegenden Chorklang habe ich schon lange nicht mehr gehört“ waren nur zwei der vielen begeisterten Reaktionen im Anschluss.

Text: Christine Neumann, Foto: Ullrich Boehnke